Gut Ding braucht manchmal Weile, doch wir freuen uns dennoch sehr, dass der Letter to the Editor zum Artikel von Lübbers und Endruscheit „Homöopathie – eine Therapieoption für die Praxis?“, erschienen im Mai 2021, im HNO nun im Dezember 2021 publiziert wurde.
Unter Mitwirkung von
- Petra Weiermayer, Wissenschaftliche Gesellschaft für Homöopathie (WissHom), Köthen, Deutschland
- Michael Keusgen, Pharmazeutische Chemie, Universität Marburg, Deutschland
- Jürgen Pannek Neuro-Urologie, Schweizer Paraplegiker-Zentrum, Nottwil, Schweiz
- Peter Panhofer, Komplementärmedizin, MedizinischeFakultät, Sigmund Freud Universität Wien, Österreich
- Michaela Geiger, Deutscher Zentralverein Homöopathischer Ärzte (DZVhÄ), Berlin, Deutschland und Hufelandgesellschaft, Berlin, Deutschland
- Gisela Etter-Kalberer, Schweizerischer Verein homöopathischer Ärztinnen und Ärzte, Neuheim/Zug, Schweiz
- Alexander Louis Tournier, Institut für Komplementäre und Integrative Medizin, Universität Bern, Bern, Schweiz; Homeopathy Research Institute, London, Großbritannien
- Susanne Ulbrich Zürni, Wissenschaftliche Gesellschaft für Homöopathie (WissHom), Köthen, Deutschland & Österreichischer Dachverband für ärztliche Ganzheitsmedizin, Wien, Österreich
- Sigrid Kruse, Wissenschaftliche Gesellschaft für Homöopathie (WissHom), Köthen, Deutschland
- Karoline Kretzdorn, Wissenschaftliche Gesellschaft für Homöopathie (WissHom), Köthen, Deutschland
- Michael Frass, Wissenschaftliche Gesellschaft für Homöopathie (WissHom), Köthen, Deutschland & Österreichischer Dachverband für ärztliche Ganzheitsmedizin, Wien, Österreich
wurde dieser Leserbrief als Erwiderung gesendet und nun auch publiziert. Der Leserbrief kann hier gekauft werden.
Interview mit Petra Weiermayer und Michael Frass
Wir haben in einem kurzen Interview em. Univ.-Prof. Dr. Michael Frass, Facharzt für Innere Medizin und Internistische Intensivmedizin, em. Professor für Innere Medizin der Medizinischen Universität Wien, Diplom der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) für Homöopathie und Dr. med. vet. Petra Weiermayer, Fachtierärztin für Homöopathie um eine kurze Zusammenfassung über die gelungene Erwiderung gebeten.
Warum war dieser Leserbrief überhaupt notwendig?
Petra Weiermayer: „Die Ergebnisse der aktuellen wissenschaftlichen Homöopathie-Forschung wurden von Lübbers und Endruscheit ignoriert. Zudem waren in ihrem Artikel keinerlei wissenschaftliche Standards zu erkennen. Schon die Definition der evidenzbasierten Medizin, die von Lübbers und Endruscheit ausschließlich auf die Studien, reduziert wird, ohne die klinische Expertise (= Erfahrung) der Ärztinnen und Ärzte sowie die Patientinnen- und Patientenwünsche zu berücksichtigen, zeigt dies.”
Wie konnte die Definition der EbM in diesem Leserbrief vermittelt werden?
Michael Frass: „Wir haben versucht, die Grundlagen der modernen evidenzbasierten Medizin klarzulegen. Ganz im Sinne ihres Begründers David Sackett, der es so zusammengefasst hat: „EbM ist der gewissenhafte, ausdrückliche und vernünftige Gebrauch der gegenwärtig besten externen, wissenschaftlichen Evidenz für Entscheidungen in der medizinischen Versorgung individueller Patienten. Die Praxis der evidenzbasierten Medizin bedeutet die Integration individueller klinischer Expertise mit der bestverfügbaren externen Evidenz aus systematischer Forschung. Gute Ärzte nutzen sowohl klinische Expertise als auch die beste verfügbare externe Evidenz, da keiner der beiden Faktoren allein ausreicht…“ Die gesamte Definition ist auf der Webseite von Cochrane Deutschland nachzulesen.”
Auch der zweite australische NHMRC (National Health and Medical Research Council)-Report hat sehr ungewöhnliche und vorsätzlich gewählte Einschlusskriterien angewendet …
Petra Weiermayer: „Ja – und auch das haben wir in unserem Letter to the Editior nochmals in Erinnerung gerufen. Denn anfänglich wurden beim zweiten australischen NHMRC-Reports 176 Studien identifiziert. In einem weiteren Schritt definierte das NHMRC für die Studien eine Mindestzahl von 150 Teilnehmern, um sie als „zuverlässig“ einzustufen. Dieser Entschluss ist so gesehen sehr überraschend, da weder das NHMRC selbst noch Cochrane dieses Einschlusskriterium in anderen systematischen Reviews anwenden. Dass am Ende nur fünf Studien übrig waren, die als „zuverlässig“ und dann auch allesamt als negativ einstuft wurden, entbehrt in seiner Vorgehensweise nach wie vor jeder Wissenschaftlichkeit.”
Der Artikel wurde im HNO, einem international angesehenen Publikationsorgan veröffentlicht. Wir konnte diese Verfehlung renommierten Wissenschaftsautoren passieren?
Michael Frass: „Evidenz für die Wirksamkeit der Homöopathie im Allgemeinen und bei der Behandlung von Infektionen ist für weiterführende Forschungen in diesem Bereich hinreichend belegt. Für den HNO-Bereich ist zu hervorzuheben, dass u. a. die prospektive Studie von Singh et al. die Wirksamkeit der Homöopathie bei Otitis media ergab. Die von Lübbers und Endruscheit genannten Argumente wirken behaftet mit Vorurteilen und sollten auch im Hinblick auf die Praxis der anfangs erwähnten evidenzbasierten Medizin nach Sackett mit Berücksichtigung der Rechte und Wünsche der Patienten zugunsten einer objektiven Betrachtung der Homöopathie unbeachtet bleiben.”